kaputte Gedichte
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Dein unbehaarter Frühling
Ein leuchtender Himmel sieht mir ins geöffnete Fenster, schaut sich drinnen gründlich um. Immer wieder reißt der Wind an den lichten Gardinen. Über den berankten Teppich eilen kleine Schatten hin und her. Alles singt mir deinen unbehaarten Frühling: die schwellenden Knospen am Strauch, das zarte Grün des ersten Grases, diese dottergelben Blüten der Forsythien, der rote Schnabel der verliebten Amsel. Ach, morgen vielleicht schon wird Sommer sein, kein süßes Sprießen mehr, nur noch üppiges Blühen und rasches Welken.
Rostock, April 1988