kaputte Gedichte - Abstrakte Irrwege

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Wenn es regnet


Wenn der Regen fällt, sieht alles ganz grau aus: das Dach von Nachbars Haus, die Wolken in den Pfützen, die bunten Herbstblumen im Garten, die  dichtgedrängten Vögel unterm Dach und selbst die Katzen am Tag. Wenn der Regen fällt, bekommt die Erde Wasser, dann klappen überall Regenschirme auf, die im Zickzack um die Pfützen laufen, in der Straße schließen sich überall die  Fenster, dann stellt Tante Lotti ihre Geranien vor die Tür und die Straßenbahnen sind noch überfüllter als sonst. Immer wenn es regnet, sehen alle Menschen grau aus. Das Wasser läuft ihnen in die Augen und tropft von kalten Nasen. Bald  sind alle Straßen leer. Jedes Mal, wenn es regnet, krame ich meinen großen Regenmantel hervor und ziehe auch die bunten Stiefel an und gehe hinaus auf die Straße. Ganz alleine. Ich höre es gern, wenn die Regentropfen auf ein Blech trommeln,  das ist sooo romantisch. Ich finde es schön, wenn auf den Pfützen riesengroße Blasen schwimmen und dann in tausend Ringe zerspringen. Immer wenn es regnet, gehe ich durch die leeren Straßen, damit sie nicht so alleine sind.

Rostock, Nov. 1977
(04. Mai 2011)



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