Spatzgeschichten
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Heiner und Micha
Ich verstehe durchaus, dass Sie sich wundern und diese Zeilen mit einer gewissen Skepsis betrachten. Vielleicht wundern Sie sich aber auch über gar nichts mehr, denn es hat Sie ja auch nicht gestört, Geschichten zu lesen, die beispielsweise von Schweinen oder Katzen zu Papier gebracht wurden. Ausgerechnet von Katzen, ich bitte Sie! Und „zu Papier gebracht“ ist auch noch sehr zweifelhaft. Ich gebe von vornherein zu, dass ich gar nicht selbst schreiben kann. Ich habe diese Geschichte jemandem erzählt, der es kann. Jedenfalls hat er es behauptet. Es ist unnötig, zu meiner „Person“ nähere Angaben zu machen. Erstens wegen des um sich greifenden Datenschutzes und zweitens weil Sie mich bereits aus diversen anderen Geschichten hinreichend genug kennen. Nur so viel und falls Sie es noch immer nicht kapiert haben: ich bin unsterblich. Jawohl! Ich erfreue mich deshalb auch bester Gesundheit. Allerdings plage ich mich sommers wie winters mit kalten Füßen herum. Deswegen die bunten Strümpfe. Links blau und rechts grün. Niemals umgekehrt. Den größten Teil dessen, was ich hier erzähle, habe ich mit eigenen Augen gesehen und mit eigenen Ohren gehört. Nur in wenigen Fällen musste ich auf zuverlässige Informanten zurückgreifen oder selbst ausschmückend dem Fortgang der Geschichte auf die Sprünge helfen. Auch zum Ort des Geschehens widerstrebt es mir, nähere Informationen zu verbreiten, denn es gibt eh nur einen, durch dessen Woldegker Tor der Reisende tatsächlich nach acht Kilometer Woldegk erreicht, durchs Berliner Tor hingegen nicht unbedingt auf Berlin stößt. Ursprünglich gab es sogar noch ein drittes Tor, das die Stadt nach Osten öffnete. Ja, dieser Ort war vor langer Zeit eine richtige Stadt. Nun ist er nur noch ein Dorf mit Stadtmauer. Und nicht einmal eigenständig.
Der Hühnerstall
Die Dämmerung hatte früher als sonst eingesetzt. Deswegen war die spärliche Straßenbeleuchtung schon angegangen als Heiner vor die Haustür trat. Vom Großen See her wehte eine leichte Brise. Obwohl es eigentlich noch recht zeitig war, lag die Ernst-Thälmann-Straße wie ausgestorben da. Weder in Richtung Schule noch in Richtung Kirche war eine lebende Seele zu bemerken. Nicht zu Fuß und auch nicht mittels irgendeines Fortbewegungsapparates. Heiner schien damit sehr zufrieden. Ich saß hoch oben auf dem Rand der Dachrinne über Falks Fenster und beobachtete, wie er zur Ecke Berliner Straße ging, wo er unschlüssig stehenblieb und sich erneut umschaute. Auch die Berliner Straße war menschenleer, nur in der Eckkneipe herrschte reges Leben. Für die war er aber noch viel zu jung. Heiner visierte das Berliner Tor an und schlenderte darauf zu. Ich flog ihm in luftiger Höhe hinterher. Ich muss jetzt aber nicht laufend Angaben zu meinem Standort kundtun, oder? Sie können gewiss sein, dass ich ihm auf den Fersen blieb. So zu sagen. Heiner hatte offensichtlich ein ganz bestimmtes Ziel vor Augen. Und ich weiß jetzt natürlich, wohin er wollte. Deswegen sage ich, dass er ebenso gut hätte vor dem Tor nach rechts abbiegen können. Dort hätte er nach nur wenigen Schritten eine kleine Treppen erreichen und an die grüngestrichene Haustür klopfen können. Den kürzesten Weg zu nehmen, war noch nie sein Ding gewesen. Stattdessen durchschritt er das alte Stadttor, dem sich auf der rechten Seite eine mehrere Meter hohe Feldsteinmauer anschloss. An ihrem Ende befand sich eine schmale hölzerne Pforte. Vor ihr blieb Heiner stehen, um sich abermals umzusehen. Links zweigte der Wallscheunenweg ab, die Straße selber führte nach Feldberg und rechts ging es zum Sportplatz und weiter zum Großen See runter. Er griff nach dem blankgescheuerten Metallstift, der aus einem Schlitz im Holz ragte, schob ihn leicht nach links und drückte dann die Tür nach innen. Ganz wie ein Dieb (oder Meuchelmörder) bei Nacht und Nebel, schlich Heiner hindurch und befand sich auf dem Hühnerhof der Familie Bauer. Trübes Licht einer nahen Straßenlaterne erhellte notdürftig die verlassenen Scharrlöcher. Im Hintergrund, etwas links, war das offene Scheunentor mehr zu erahnen als zu sehen. Da er hier nicht fremd war, steuerte Heiner direkt darauf zu. Auf der Tenne schlug ihm ein muffiger Geruch entgegen. Zu beiden Seiten lagerten alte Gerätschaften für den Acker- und Gartenbau, lange schon angerostet und eingestaubt. Und irgendwo auch ein wenig Heu für die Kaninchen. Danach betrat er einen weiteren, aber kleineren Hof, der vom Licht der Küchenfenster schummrig beleuchtet war. Beherzt klopfte er an die Hintertür. Gerade noch hatte in der Küche Geschirr geklappert, doch nun wurde es ruhig. In der sich öffnenden Tür erschien Frau Bauer: „Heiner, Du?“
Heiner trat von einem Fuß auf den anderen. „Guten Abend, Frau Bauer! Kann Micha noch ein bisschen rauskommen?“
„Um diese Zeit noch? Wir wollen gleich Abendbrot essen“, antwortete sie, rief aber dann nach hinten ihren Micha an die Tür. „Aber nur noch zehn Minuten, hörst du?“ sagte sie zu ihrem Sohn.
„Das wird wohl reichen“, meinte Heiner. Er hatte es nur ganz leise und für sich gesagt, aber Frau Bauer war sowieso längst wieder in der Küche am Wirken.
Nach wenigen Augenblicken trabte Micha an: „Nabend, Heiner! Wieso bist du nicht früher gekommen?“ Er schloss hinter sich die Tür.
„Ging nicht eher, musste in der Werkstatt helfen.“
„Loss komm, gehen wir nach hinten“, forderte Micha. „Hast ja gehört, lange kann ich nicht bleiben.“
Heiner nickte nur. Micha zupfte ihm am Ärmel und zog Heiner hinter sich her durch die Scheune. Wieder draußen, flüsterte Micha: „Los, gehen wir in den Hühnerstall!“
Auf der rechten Seite stand ein kleiner Bretterverschlag, der als Nachtlager für das Federvieh diente. Micha entriegelte die Tür und öffnete sie so vorsichtig wie möglich, um jegliches Knarren zu vermeiden. Er duckte sich ein wenig, stieg über eine kleine Schwelle und zog Heiner hinein. Der stolperte natürlich. Hätte Micha ihn nicht aufgefangen, wären nicht nur Heiners Knie mit Hühnerkacke besudelt gewesen, sondern möglicherweise auch alle Hühner von den Stangen geflattert. Dann wäre ordentlich Rabatz im Karton. Meine Informantin war selbstverständlich hellwach! Micha zog die Tür hinter ihnen zu. Trotz etlicher Ritzen war es drinnen so dunkel wie in einem Katzenarsch. Die Dunkelheit stellte kein Problem dar, aber was Heiner mit aller Wucht in die Nase biss, obwohl ihm nicht unbekannt, war der ätzende Gestank der Hühnerscheiße. Der hielt ihn aber nicht davon ab, sofort nach Michas Hasenstall zu tasten. Der hatte keine Zeit verlieren wollen, denn wie schnell sind zehn Minuten dahin, und hatte längst seine Hose offenstehen. Als Heiner mit der rechten Hand hineinfuhr, fragte Micha: „Willst du vielleicht ein Huhn nehmen?“
Ohne zu zögern lehnte Heiner vehement und dankend das großzügige Angebot ab. Nicht weil er sich fürchtete, mal etwas Neues auszuprobieren. Nein, er hatte ganz einfach Angst, hinterher auch noch nach Hühnerscheiße zu stinken, wenn er zu Hause die Sandalen ausgezogen haben würde. Außerdem fürchtete er die anderen Hühner und den Hahn. Sie alle könnten mit Recht beleidigt sein und deswegen einen mörderischen Radau veranstalten. Was wiederum Michas Mutter auf den Plan gerufen hätte. Und die konnten sie hier am allerwenigsten gebrauchen. Also blieben Heiner und Micha unter sich. So wie immer.
Höchst befriedigt verließen beide nach einer Weile den Hühnerverschlag und machten sich auf den Weg zu ihren wartenden Müttern.
„Ach, was ich noch fragen wollte“, wandte sich Heiner noch einmal zu Micha um. „Treffen wir uns bei Ralfs Geburtstag?“
„Ja, na klar! Hast du ein Geschenk für ihn?“
„Meine Mutti hat eine Schachtel Taschentücher für ihn gekauft.“
„Meine auch!“ erklärte Micha.
„Oh, gut.“
Zurückblickend fällt mir ein, dass Heiner seinerzeit auch abgelehnt hatte, die Sau des Bäckers zu vögeln. Damals hatte es allerdings einen anderen Grund. Durch einen Spalt in der Stalltür hatte er Fritz dabei beobachtet, wie der vergebens versucht hatte, sich in unmoralischer Weise einer Sau von hinten zu nähern. Warum sollte die Sau dann ausgerechnet bei Heiner stillhalten?
Der Geburtstag
Seine Mutter hatte ihn dem Anlass entsprechend herausgeputzt. Heiner war frisch gekämmt, hatte geputzte Schuhe an und das Päckchen Taschentücher, mit einer breiten roten Schleife versehen, in der Hand. So ausgestattet machte sich Heiner auf den Weg zu Ralf. Der wohnte hinter dem Berliner Tor, an den Scheunen vorbei, auf einem Hügel, unmittelbar vor dem Abzweig nach Ulrichshof. Ich hatte den Eindruck, als würde er ein wenig bummeln. Was nicht weiter verwunderlich war, denn er bummelte häufiger und es war ein herrlicher sonnenbeschienener Nachmittag. Die Schachtel hatte er sich derart unter den Arm geklemmt, dass niemand die große Schleife sehen konnte. Als er endlich bei Ralf eintraf, war Micha schon dort und unterhielt sich mit der Oma in der Küche. Heiner gratulierte artig und übergab Ralf sein Geburtstagsgeschenk.
„Oh, Taschentücher, wie schön!“ bedankte sich Ralf.
Die Geburtstagstafel war in der Veranda gedeckt, um die herum sich sofort alle versammelten, als hätten sie nur noch auf Heiner gewartet. Heiner zählte Ralf zu seinen besten Freunden, wobei er auf zwei kam, wenn er sie alle zusammenzählte. Der liebe Micha zählte trotz allem nicht dazu.
Wenn ich richtig gezählt habe, dann saßen sieben Personen am Tisch: Ralf, seine Eltern, der jüngere Bruder, die Oma, Micha und unser Heiner. Da kein Gedeck übrigblieb, wurde wohl niemand weiter erwartet. Trotzdem war Ralf auf eine beachtliche Anzahl neuer Taschentücher aus feinster chinesischer Produktion gekommen. Nachdem sich die Festgemeinde reichlich mit hausgemachter Sahnetorte und anderen Leckereien vollgestopft hatte, mir tropfte das Wasser aus dem Schnabel, gingen die Jungs nach oben, wo die beiden Brüder unterm Dach ihre Zimmer hatten. Von einem eigenen Zimmer konnte Heiner nur träumen. Da er dort ein- und ausging, machte das schwarze Kreuz an exponierter Stelle an Ralfs Zimmerwand keinen sonderlichen Eindruck mehr auf Heiner. Ein kleines Bild daneben war aber neu und machte ihn neugierig. Deshalb fragte er: „Wer ist denn der Mann in dem Faschingskostüm?“
Micha horchte auf und sah Ralf grinsend an. Der holte tief Luft und antwortete: „Das ist Paul der Sechste!“
„Ist das ein Onkel von dir?“ So genau war Heiner nicht mit Ralfs Verwandtschaft vertraut. Von einem Onkel wusste er. Der wohnte am Woldegker Tor.
Weil sich jetzt Micha mit den Worten: „Das ist der neue Papst, Mensch!“ einmischte, verbot sich jede weitere Nachfrage, denn der Begriff „Papst“ war Heiner schon mal untergekommen. Und da die anderen Jungs jetzt lachten, wollte er sie im Glauben lassen, er habe nur einen Scherz gemacht.
Der weitere Verlauf des Geburtstages war für meinen Begriff ziemlich langweilig. Deshalb nutze ich die Gelegenheit, etwas abzuschweifen. Als sie noch kleine Jungs waren, war sich Ralf nie zu schade dafür gewesen, sich an Doktorspielen zu beteiligen. Das ließ aber trauriger Weise mit zunehmenden Alter nach und hörte schließlich ganz auf. Wie es aber der Teufel wollte, konnte Heiner ihn vor wenigen Tagen doch noch davon überzeugen, dass gegenseitige sexuelle Handlungen, ganz gleich welcher Art, was ganz Tolles seien. Ralf ließ sich auf eine Probe ein. Zu diesem Zweck suchten beide einen verschwiegenen Winkel zwischen Stadtmauer und eines ihrer Wiekhäuser auf, ganz in der Nähe des Sportplatzes gelegen. Wenn auch Ralf noch bis zuletzt die Sache zu vermeiden suchte, so überwog doch seine Neugier. Die kleine Lichtung inmitten des wuchernden Gestrüpps erwies sich als bestens geeignet für neue Experimente. Ralf stand mit flatterndem Puls unschlüssig herum und wartete darauf, dass irgendetwas passierte. Er dachte jedenfalls nicht daran, den ersten Schritt zu machen. Aber auch Heiner war etwas verlegen. Aber wirklich nur ein klitzekleines Bisschen. Er trat neben Ralf und legte seine Hand auf dessen Hosenstall. Ralf rührte sich nicht. Er ließ es zu, dass Heiner ihm die Hose aufknöpfte und seine Hand hineinschob. Es wäre ein Leichtes gewesen, Ralfs Schwanz daraus hervorzuholen. Unvorhersehbarer Weise hatte Ralf aber bereits einen Steifen, was das Arbeiten in diesem Fall sehr erschwerte. Heiner wollte deswegen auch den Hosenbund öffnen. Dies stieß aber auf Ablehnung. Vielleicht glaubte Ralf, Heiner wolle ihm die Hose ganz runterziehen, aber das hätte er ihm beim ersten Mal nicht antun wollen. So musste er dem sperrigen Zielobjekt leichte Gewalt angedeihen lassen. Nicht nur Heiner war über die schiere Größe erstaunt, als er das gewaltige Ding endlich draußen hatte, sondern auch ich. Und ich habe in meinem Leben weit mehr gesehen als Heiner, das können Sie mir getrost glauben. Wie es so vom Tageslicht beschienen in die Luft ragte, war ich glatt versucht, hinab zu flattern um mich draufzusetzen. Heiner konnte nicht umhin, ihn ausgiebig zu bewundern. Es war wohl der größte und schönste, den er je zu fassen bekommen hatte. Wenn wir den von Ferdinand mal unberücksichtigt lassen. Heiner sank vor Ralf auf die Knie, schob die Vorhaut nach hinten und nahm die saubere Eichel in den Mund. Während er mühsam daran arbeitete, fürchtete er, sich mit dieser Aufgabe doch etwas übernommen zu haben. Auch durch die Nase bekam er zu wenig Luft. Derweil spannte Ralf seinen Körper an, deutete mit der Hüfte ein paar zaghafte Stöße an, warf den Kopf in den Nacken und begann leise zu stöhnen. Heiner glaubte gerade, dass es doch eigentlich ganz wundervoll funktioniere, da öffnete Ralf seine Augen, entriss Heiner den Schwanz, stopfte ihn hastig in die Hose zurück und sagte: „Komm, lass uns abhauen!“
„Was ist denn? Habe ich dir wehgetan?“ fragte Heiner besorgt.
„Nein, nein, aber ich kann das nicht machen. Lass uns einfach von hier verschwinden.“
„Gut, wie du meinst“, erwiderte Heiner endtäuscht. Das war ja gründlich in die Hose gegangen. „Geh schon mal vor, ich komme gleich nach.“ Er wollte nicht von dort verschwinden, ohne wenigstens selbst den Platz markiert zu haben.
Ich gebe es ja zu: ich habe die Sache versaut. Als Ralf selig in den Himmel sah, trafen sich unsere Blicke. Ich saß auf einem Zweig genau über ihm. Gut, ich sehe mit meinen bunten Strümpfen zugegebenermaßen etwas gewöhnungsbedürftig aus, aber ich bin nicht das Auge Gottes, für das mich Ralf hielt. Und er hätte auch nicht sofort an die Beichte am nächsten Sonntag denken müssen. Micha war zwar genauso katholisch, hatte sich aber noch nie dermaßen blöd angestellt. Ganz im Gegenteil. Was der wohl beichtete?
Zurück zur Geburtstagsfeier. Inzwischen war es dunkel geworden und noch langweiliger. Wir haben also nichts verpasst.
Heiner verkündete gerade die Absicht, nach Hause gehen zu wollen. Und Micha meinte, mitgehen zu müssen. Kurz darauf hatten sich beide verabschiedet und das Haus verlassen. Sie schlossen hinter sich die Gartenpforte, stiegen die paar Stufen zur Straße hinunter und gingen in Richtung Berliner Tor. Kurz vor Bauschkes Scheune, die links der Straße stand, sahen sich beide wie auf Kommando an und nickten. Schon während der Feier geisterte Bauschkes Scheune in ihren Köpfen umher. Heiner umfasste Michas Arm und hastete mit ihm von der Straße. Also mit Micha, nicht nur mit seinem Arm! Der linke Giebel und auch die Rückseite der Scheune waren von üppig wucherndem Holunder eingefasst. Dicht an der Mauer gab es ein beliebtes Schlupfloch zwischen den Blättern. Dorthin strebten unsere beiden Nachtschwärmer. In kürzester Zeit hatte die Dunkelheit sie verschluckt. Nach zwei, drei Metern hielten sie inne. In der Finsternis war es vorteilhaft, ein gut eingespieltes Team zu sein. Und das waren sie seit Jahren. Allerdings mussten sie jedes Mal aufs Neue darauf achten, sich nicht die Hosen einzusauen.
Als Heiner noch ein kleiner Junge war, hatte seine braune Strickjacke, die er von der Nachbarin als abgelegt geschenkt bekommen hatte, einen Spermaspritzer von Ferdinand abbekommen, der nie wieder rausging, nachdem er eingetrocknet war.
Nach einem Weilchen krochen Heiner und Micha wieder hervor, ordneten kurz ihre Garderobe, wozu auch das Entfernen diverser Kletten zählte, und setzten unbekümmert ihren Weg fort. Kurz vor dem Stadttor trennten sie sich.
Bauschkes Scheune
Heiner hatte es an der Badestelle hinter Spitzenecken versucht, konnte aber auch dort keinen seiner speziellen Kumpels entdecken.
Um keine Aufmerksamkeit zu erregen, hatte ich abseits der im Wasser tollenden Kinder am flachen Ufer ein schnelles Bad genommen. Natürlich in Strümpfen.
Unterdessen machte Heiner kehrt. Er trollte sich in Richtung Dorf davon. Unter seinem strohblonden Haaransatz hatten sich Schweißperlen eingenistet. Die Luft war ungewöhnlich warm. Im Schatten der sich um die eigene Achse drehenden Kastanienbäume schlenderte er bei Plietenloch die Promenade entlang. Bald würde er den Sportplatz erreichen. Da kam ihm winkend Micha entgegen, der zu seinen Eltern unterwegs war. Sie bewirtschafteten am Friedhof einen großen Garten. Laut stöhnend beklagte er die verdammte Hitze. Noch viel weniger begeistert war er von Gartenarbeit. „Ich habe absolut keine Lust auf Garten!“ Und der Weg dorthin war noch weit, denn er musste noch den halben Ort umrunden.
„Erwarten dich deine Eltern?“ fragte Heiner hoffnungsvoll.
„Das schon. Aber wenn ich nicht hinkomme, dann ist das nicht weiter schlimm. Ich sehe es dir an, du hast bestimme eine bessere Idee.“
„Und ob ich das habe“, bestätigte Heiner grinsend. „Komm einfach mit.“
„Wohin wollen wir?“ fragte Micha gespannt.
„Wirst schon sehen.“
Beide kraxelten die Böschung zum Sportplatz hoch und überquerten den Platz diagonal. So kamen sie zu einem Kornfeld, das sich bergan bis zur Rückseite von Bauschkes Scheune erstreckte. Da sie mit Rücksicht auf anderer Leute Arbeit nicht die Halme niedertrampeln wollten, hielten sie sich längs des Gartenzaunes, der links neben dem Feld stand und bis hinauf zur Scheune reichte. Sie drangen durch den Holunder bis zur Rückwand der Scheune vor. Verharrten dort einen Moment um zu lauschen. Es war alles ruhig. Dann spähten sie durch die Speichen ins Innere des Gemäuers. Nichts! Vorsichtshalber schlich Heiner um den Giebel bis zur vorderen Ecke. Auf der Straße war niemand zu sehen und das große Scheunentor war mit einem Vorhängeschloss gesichert. Vielleich sollte ich erwähnen, dass diese Scheune keine Durchfahrt hatte, also hinten kein weiteres Tor besaß. Zurück bei Micha machten sich beide daran, das riesige Speichenrad, welches ursprünglich an einem Leiterwagen befestigt war, beiseite zu rollen. Mit diesem Rad dachte der Bauer das rückwärtige Loch in seiner Scheune ausreichen gesichert zu haben. Die Scheune war ein uralter Fachwerkbau, der seit langem an Lehmverlust litt. Hier und da entstanden mit der Zeit kleine Löcher, die ich gern bei schlechtem Wetter benutzte, um ins trockene Innere zu gelangen. Sie war die Letzte einer Reihe von Scheunen an dieser Straße, die dank Bauschkes Reparaturarbeiten intakt und noch in Gebrauch war. Auf der Rückseite war auf Bauchhöhe der Jungs aber doch ein etwas größeres Loch entstanden, durch das unsere beiden Abenteurer nun leidlich bequem hindurchstiegen. Der verehrte Leser wird bemerkt haben, dass die Knaben dieses Loch ganz gezielt angesteuert haben. Ich muss deshalb nicht extra betonen, dass sie diesen verschwiegenen Ort nicht zum ersten Mal aufsuchten. Ohne zu trödeln betraten sie die Tenne. Die Hitze war drinnen eigentlich unerträglich, aber nicht hinderlich. Von dort stiegen sie über eine fest installierte hölzerne Leiter auf den Zwischenboden, auf dem Heu gelagert war. Oben angekommen, warfen sich beide lustvoll ins Heu, sodass augenblicklich eine riesige Staubwolke aufwirbelte. Sie schlossen die Augen, hielten die Luft an und die Nase zu. Natürlich nicht langegenug, denn sie waren darin ungeübt. Gleich nach dem ersten Atemzug kämpften beide mit einer nicht enden wollenden Niesattacke. Erst als die überstanden war, konnten sie sich ihren kurzen Hosen zuwenden. Sie halfen einander, sie aufzuknöpfen und zusammen mit dem Schlüpfer bis in die Kniekehle hinab zu streifen. Micha legte sich vorsichtig ins Heu und zog den Nicki bis zur Brust hoch. Sein Bauch war schweißnass. Die blanke Eichel seines Schwanzes zielte auf die Bretter des Pappdaches. Mit der flachen Hand zwang er sie in Richtung Bauchnabel. Heiner, der in gleicher Weise entblößt war, legte sich auf ihn. Dabei führte er seinen Schwanz behutsam und schmatzend in Michas Schenkelritze ein. Da beide Körper vor Schweiß trieften, flutsche es zu beider Freude hervorragend. Genüsslich hob und senkte sich Heiners Hinterteil, während Micha rückwärtig von getrockneten Disteln gepiesackt wurde. Er ertrug es männlich, denn sobald Heiner fertig sein würde, war Stellungswechsel. Bei jedem Stoß schlich sich mehr und mehr Heu unter den Nicki und in die Hose. Jede freie Hautstelle war in kurzer Zeit bei beiden mit Heugriesel bepudert.
Plötzlich hob Heiner den Kopf. „Sei mal ganz ruhig!“ sagte er. Beide lauschten auf die draußen näherkommenden Geräusche. War das ein Pferdefuhrwerk? Sie verharrten mit angehaltenem Atem. Tatsächlich ein Pferdegespann, es bestand kein Zweifel mehr. Und nun hielt es auch noch direkt vor dem Tor! Während draußen Bauschke von seinem Wagen stieg, sprangen unsere Helden mit schreckgeweiteten Augen von ihrem Heulager auf. Wie mit der Sense hinweggemäht gab die Erektion den Geist auf, bei beiden gleichzeitig. Sie rafften notdürftig ihre Hosen hoch, hopsten von der Leiter ins Stroh hinunter. Dann hörten sie mit Bangen das Vorhängeschloss klirren, hasteten zum Loch hinaus und rannten, als wäre der Leibhaftige hinter ihnen her, geradenwegs durchs Korn. Ich hatte Mühe, ihnen zu folgen. Micha, der schon vorneweg war, hatte während des Laufens die Hose halbwegs hochziehen und zuknöpfen können. Soviel Geschick oder Glück war Heiner nicht beschieden. Um sein Gleichgewicht bemüht, ruderte er wie wild mit den Armen und notgedrungen seine Hose losgelassen. Was wiederum seinem Lauf ein abruptes Ende setzte. Mit vorgestreckten Armen schlitterte er bäuchlings übers Feld. Die Hosen verfingen sich an den Knöcheln. Dann blieb er für eine Schrecksekunde liegen, ging auf die ramponierten Knie, wandte sich zur Scheune um und atmete erleichtert auf, als er keinen Verfolger entdecken konnte.
An dieser Stelle kann ich aber schon sagen, dass besagtes Loch bei ihrem nächsten Besuch sehr ordentlich verrammelt war.
Unsere beiden Unglücksraben konnten von Glück sagen, dass sich bei dieser Hitze niemand in der Nähe des Sportplatzes herumtrieb. Sie blieben unbeobachtet. Micha wartete auf dem Feldweg, der um den Platz ging. Er klopfte noch immer auf seinen Sachen herum, um sich von Heu und anderem Unrat zu befreien, als Heiner endlich hinzutrat. Hochrot und völlig verschwitzt sahen sie an sich hinunter. Dann brachen beide in schallendes Gelächter aus. Jetzt erst fand Heiner die Gelegenheit, seine Hose zu schließen. Er machte sich gar nicht erst die Mühe, das überschüssige Heu und Stroh zu entfernen. Dafür brauchte es einen verschwiegeneren Platz. Und beide wussten, wo sie den fanden. Sie folgten dem Weg links am Sportplatz vorbei in Richtung Großer See. Am Ende des Platzes bogen sie aber nach rechts ab und gingen weiter bis zur Promenade. Dort zogen sie sich an den Büschen die Böschung hoch bis zur seeseitigen Stadtmauer. Das Wiekhaus, in dem sie Zuflucht nehmen wollten, war mittig zum Teil eingestürzt. Durch diese Bresche stiegen sie ein. Zur Ortsseite begrenzte ein Gartenzaun den Innenraum. Dort kamen sie langsam zur Ruhe. Stück für Stück legten beide ihre Kleidung ab und befreiten sie von anhaftenden Heu- und Strohhalmen. Dabei grinsten sie übers ganze Gesicht. Glücklicherweise bluteten Heiners Abschürfungen an den Beinen nicht. „Solange nicht die Därme raushängen, ist das alles nicht so schlimm“, frotzelte Micha. Das Mittelstück sah noch ganz passabel aus und war auch in seiner Funktion nicht eingeschränkt, wie sie beide mit Freude feststellten. Die Nickis waren bereits wieder übergestreift, aber bevor sie die Hosen hochzogen spielten sie noch ein bisschen rum. Heiner bei Micha und Micha bei Heiner. Nachdem beide in hohem Bogen abgespritzt, sich mit ihren Taschentüchern gesäubert und die Hosen ordnungsgemäß dort saßen, wo sie natürlicherweise hingehörten, begaben sie sich hinunter zur Promenade, wo beide gemütlich und zufrieden davonschlenderten.
Der Heuschober
Sie kennen nun einige Episoden aus dem Zusammenspiel von Heiner und Micha, aber wie beide für diese Spiele zusammengefunden haben, werde ich jetzt erzählen.
Die braune Kunstledermappe enthielt alles, was er benötigte. Heiner trug sie stolz unterm Arm, denn sie war ganz neu, und ging mit ihr zur Schule. Genauer gesagt, in den Chemie- und Physikraum, der sich unter rechts befand. Vom Schulhof aus gesehen, von wo aus er auch durch eine schwere Haustür und über einen kurzen Flur zu erreichen war. Es war früher Nachmittag an irgendeinem Tag in der Woche. Obwohl die Sonne zum Baden lockte, war bereits ein Großteil der Schüler anwesend. Das hörte Heiner bereits auf dem Schulhof. Die ungewöhnliche Unruhe im Klassenraum rührte daher, dass Herr Müller, der Vater eines der Schüler, noch nicht erschienen war. Herr Müller leitete den Mal- und Zeichenzirkel, der sogar die größten Rabauken von der Straße lockte. Heiner legte die Mappe auf seinen Platz und setzte sich. Die Zeit war ran und Herr Müller sollte wohl jeden Moment durch die Tür kommen. Tat er aber nicht. Dafür wurde der Lärm immer lauter. Plötzlich betrat Herr Melle, der Schulleiter, der im Haus oben wohnte, den Klassenraum und bat um Mäßigung. Für einen Augenblick herrschte tatsächlich Ruhe. Aber nur solange, wie Herr Melle brauchte, um in seine Wohnung zurückzugehen. Denn, was richtige Rabauken sind, die können nicht lange an sich halten. Leider gehörte auch Heiner dazu. Während Jürgen, genannt Bossi, und sein Anhang am Ausguss Unsinn trieben, schnappte sich Heiner eine bereitstehende Flasche mit Terpentin und eilte damit ebenfalls zum Ausguss. Er hielt die geschlossene Flasche über Bossis Haupthaar und fragte diesen: „Sag, dass ich mich traue, dir das Terpentin über die Birne zu gießen! Sag, dass ich mich traue, los!“
Bossi war älter und fast doppelt so schwer als Heiner. Er hätte es nie für möglich gehalten, dass es ein Wicht wie Heiner wagen würde, ihn anzumachen. Mit einer lächerlichen Flasche Terpentin! Wer weiß, ob da überhaupt Terpentin drin war? Deswegen antwortete er auch folgerichtig: „Du traust dich nicht.“
„Sag, dass ich mich traue“, wiederholte Heiner, der jetzt sah, dass sich Bossi überm Ausguss gebeugt etwas aus dem Gesicht wusch.
„Du traust dich ja doch nicht. Und nun lass den Scheiß!“
Heiner drehte die Flasche auf und, ohne über die möglichen Folgen nachgedacht zu haben, neigte ihre Öffnung in Richtung von Bossis Hinterkopf. Langsam, aber stetig floss die brennbare Flüssigkeit heraus und durchweichte Bossis Mähne.
„Bist du nun total verrückt geworden!“ schrie Bossi auf und presste verzweifelt seine Augen zu.
Während seine Kumpels eiligst den Wasserhahn volle Pulle aufdrehten, um das duftende Terpentin aus dem Haar zu spülen, stellte Heiner die Flasche beiseite und rannte wie besengt nach draußen. Inzwischen war ihm aufgegangen, dass das wohl ein törichter Scherz war und es daher angebracht schien, sich aus der Schusslinie zu bringen. Es würde wohl hoffentlich ein Weilchen brauchen, bis Bossi bereit war, ihm zu folgen. Sofort folgten ihm aber einige Gesinnungsgenossen und Sympathisanten, die ebenso wie er gedankenlos waren und es vorzogen, der bevorstehenden Raserei Bossis aus dem Weg zu gehen. Da Herr Müller noch immer nicht aufgekreuzt war, beschlossen sie auf Anraten Heiners, Suchen zu spielen. Heiner wollte untertauchen. Trotzdem einigten sie sich darauf, in der näheren Umgebung zu bleiben. Der kleine Lutz stellte sich in eine Hausecke, wo er bis dreiundvierzig zählen sollte. Alle teilnehmenden Kinder stürmten davon. Jeder in eine andere Richtung. Heiner kannte eine ganz bestimmte Stelle, wo er hoffte, vor Bossi in Sicherheit zu sein. Da Micha nur ziellos umherirrte, zog er ihn mit sich.
Neben dem Schulhof befand sich der große Schulgarten und dahinter ein Stück Wiese. Das Gras war gemäht, in der Sonne getrocknet und auf einem dreibeinigen Gestell zu einem Heuschober so aufgeschichtet, dass es nicht den Erdboden berührte. Der Hohlraum im Innern, dunkel und trocken, war bestens als Versteck geeignet. Dort hinein verkrochen sich Heiner und Micha. Es war nicht so heiß wie draußen. Obwohl es im Heu gelegentlich raschelte, verhielten sie sich ruhig. Sie lauschten. Auch nach einer ganzen Weile hatten sie nicht den Eindruck, dass nach ihnen gesucht wurde. Wie Zwillinge in Mutters Schoß lagen beide mit angezogenen Knien auf dem Boden im warmen Gras. Heiner hatte sich mit einer Erektion von hinten an Micha gekuschelt und verharrte regungslos, auf eine Reaktion Michas wartend. Der rührte sich aber nicht. Des sehr begrenzten Platzes wegen hätte Micha auch schlecht von ihm abrücken können. Wie zufällig legte Heiner seine Hand auf Michas Hüfte. Und wartete. Nichts! Von dort ließ er sie zaghaft in Michas Schritt gleiten. Und wartete. Nichts! Micha bewegte sich noch immer nicht. Mutig geworden, ließ Heiner die Finger auf Forschungsreise gehen. Die Überraschung war groß, als sie auf Michas Ständer stießen. So einfach hatte er sich die Arbeit eines Forschers nicht vorgestellt. Er knöpfte Michas Hose auf und fummelte mit einiger Mühe und letztlich mit Michas Unterstützung das störrische Ding zutage. Micha genoss es, sich von Heiner einen runter holen zu lassen. Heiner schloss es aus seinem leisen Stöhnen. Nachdem Micha abgespritzt hatte, zog Heiner sein Taschentuch hervor und wischte sich zuerst die Wichse von den Fingern und anschließend von Michas Bauch, denn der hatte sich der Bequemlichkeit wegen auf den Rücken gedreht. Im Anschluss daran ließ Micha mit viel Feingefühl Heiner in den gleichen Genuss kommen.
Das war das erste erotische Beisammensein von Heiner und Micha. Ich durfte es leider nicht selbst mit ansehen, da ich schlecht unter den Heuschober flattern konnte. Ich saß nur obenauf. Aber eine mir bekannte Maus hat mir später alles haarklein erzählt. Diesem ersten Mal folgten in den nächsten Jahren noch sehr viele weitere, das kann ich versichern.
Als beide in die Klasse zurückkamen, war Herr Müller Gott sei Dank schon da. Und Bossis Zorn war inzwischen auch verraucht.
Rostock im Oktober 2019