kaputte Gedichte - Abstrakte Irrwege

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Der Plagegeist


Ein Plagegeist, der die Leute quält, ist von allen Bösewichtern wohl der, der am meisten zählt. Versteckt hinter vielen Gesichtern gibt er weder Ruh noch nach. Gar oft getarnt als hübsches Madel macht er die Leute schwach. Das Nachtgespenst, von gleichem Adel, ist dagegen, obzwar sein Bruder, bei weitem nicht halb so frech. Es ist wahr, das alte Luder donnert fürchterlich mit dünnem Blech. Grausig zu rasseln mit rostigen Ketten, auch das versteht es gar wunderlich. Die  Leute schrecken dann hoch in ihren Betten, ganz verängstigt und wundern sich. Doch wie gesagt, ein froher Plagegeist, der noch seine Arbeit ernst nimmt und mit aller Kraft an unseren Nerven reißt, ist schlimmer als sieben Jahre Dürre, bestimmt.  Er rückt den Menschen nicht von der Pelle, sondern sitzt vergnügt bei ihnen am Tische. Soll es Suppe geben, hockt er auf der Kelle und beim Angeln hängt er am Haken statt der Fische. Meist kommt er in Gestalt einer Fliege und umsummt lästig  meine Nase. Warte nur, wenn ich dich kriege, dann steck ich dich zu den Blumen in die Vase. Jubelnd jagt er uns hin und her und stört uns heute hier und morgen dort. Versteckt man sich auch noch so sehr, immer ist er mit uns am selben Ort. Ich hoffe,  du nimmst dies Liedchen mir nicht krumm, sondern bleibst dabei, wie immer, recht heiter. Andernfalls fände ich es äußerst dumm, ginge es nicht, wie bisher, so fröhlich weiter!

Rostock, Feb. 1980
(12. Mai 2011)




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