Die Hoschköppe / 47. Kapitel - Abstrakte Irrwege

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Die Hoschköppe / 47. Kapitel

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Sonntag, 2. Oktober 1988


Den Vormittag verbrachte ich damit, bei mir aufzuräumen, aber nicht zu viel, und die Texte, die ich am kommenden Freitag vorzutragen beabsichtige, auf Band zu sprechen, so richtig mit Betonung. Zu diesem Zweck hatte ich Jochens Rekorder mitgenommen. Das Ergebnis war niederschmetternd! Es hörte sich einfach scheußlich an. Jetzt erst verstand ich Kati, die sich schon immer gezwungen fühlte, mich wegen meiner eigenwilligen Aussprache des „Z“ zu hänseln.
Jochen hatte inzwischen das Mittagessen zubereitet, wovon ich mehr als für mich gut gewesen wäre, in mich hinein geschaufelt hatte. Draußen war das herrlichste Wetter, sodass es ein Verbrechen gewesen wäre, in der Bude hocken zu bleiben. Ich fiel aber trotzdem vom Tisch aus gleich auf die Liege. Jochen auch. Dann gab es, um der Abwechslung die Krone aufzusetzen, Zitronenkuchen mit Tee. Wir hatten uns fürs Wochenende fest vorgenommen, Sport zu treiben. Aber das Einzige, was wir von diesem löblichen Vorsatz wahr gemacht hatten, war, uns treiben zu lassen. Und viel zu essen! Ich sprach wiederholt meine Texte auf Band, diesmal weniger geschönt. Das Resultat war aber um keinen Deut besser. Es musste ganz einfach an der miesen Qualität des Bandes liegen.
Jochen las, als ich wiederkam. Überdies hatte er drei Fotos von Thomas an der Anbauwand festgesteckt.
„Du Schuft!“, sagte ich, als ich sie bemerkte. „Da fehlen jetzt nur noch drei Kerzen und der Hausaltar ist fertig“, höhnte ich und nahm mir vor, demnächst zwei schöne Vergrößerungen von Thomas abziehen und sie mir übers Bett hängen zu wollen, was ich sicher nie verwirklichen werde.



Sonnabend, 1. Oktober 1988 - Montag, 3. Oktober 1988

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